ALLES BLEIBT GUT!
45 Jahre Punk, Avantgarde, NDW Live-Konzert und Fotoausstellung
ALLES BLEIBT GUT!
45 Jahre Punk, Avantgarde, NDW Live-Konzert und Fotoausstellung
„Alles bleibt gut!“, so lautet der Hoffnung spendende Name eines Mini-Festivals und einer Fotoausstellung in der relativ neuen Georg Elser Halle im Grünen Bunker St. Pauli, die sich mit der Blütezeit künstlerischer Gegenkultur, vornehmlich aus Hamburg, beschäftigen.
Der ausstellende Fotograf, Jan Riephoff, ist niemand, der die Vergangenheit verklärt, obwohl viele seiner Arbeiten bereits vor 45 Jahren entstanden sind. Er weiß um die Gefahren, die damit einhergehen. Er lebt im Hier und Jetzt, kennt aber gleichzeitig seine Rolle als Archivar von Punk, Avantgarde und NDW. Während der Pandemie hatte er den Impuls, seine teils jahrzehntealten Privatfotos zu sichten und zu sortieren. Endlich war Zeit dafür. Einige von ihnen stellte er kurzzeitig online.
Aus- und Abgehen in Deutschland ab Anfang der 80er Jahre. Was passiert, wenn man überraschend mit einem prägenden Teil seiner eigenen Vita konfrontiert wird, weiß wohl jeder.
Melancholie, Wärme, Traurigkeit und, ja, auch nostalgische Gefühle fluten sekundenschnell das eigene System. Oft ist das eine regelrechte Körpererfahrung.
Jan Riephoff blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Fotograf zurück, seinen Lebensweg beschreibt er allerdings so:
1956 geboren.
Schule: rausgeflogen.
Ausbildung: rausgeflogen.
Wehrdienst: rausgeflogen.
Bei einem Wettbewerb gewann er eine Sofortbild-Kamera, mit der er in den damaligen musikalisch wie politisch bewegten Zeiten erste Bilder einfing.
Heute gilt er als einer der profiliertesten Porträt- und Magazinfotografen Deutschlands, hatte sie alle vor der Linse: Grace Jones, Christoph Schlingensief, John Malkovich, Blixa Bargeld. Mit Udo Kier und Dieter Meier verbinden ihn gemeinsame Kollaborationen und Freundschaften. Riephoff arbeitete für so gut wie alle wichtigen Publikationen (Tempo, Stern, GEO, Spiegel, SZ-Magazin, GQ). Die goldenen Zeiten der Hochglanzmagazine und gut bezahlten Aufträge hat er erlebt, aber eben auch parallel den Underground, die Nächte in Spelunken, Clubs und unsanierten Wohnungen.
Er war sowohl Teil, als auch Beobachter der damaligen Szene, viele Nächte verbrachte er z.B. fotografierend im Subito, jener Kneipenlegende an der Stresemannstraße, der Autor Rainald Goetz 1983 sogar mal eine Kurzgeschichte widmete.
Zusammen mit Wolf von Waldenfels, dem Betreiber der Georg Elser Halle, und langjährigem Weggefährten sowie legendärem Club und Kneipenbetreiber (u.a. Phonodrome, Powerhouse, Golem und Fun Club) hat Riephoff diese Veranstaltung konzipiert. Musik und Bilder verschränken sich in ihr, denn: Alle Musiker:innen, die beim angeschlossenen Mini-Festival auftreten, haben Anfang der 80er Jahre ihre Karrieren begonnen, kommen zumeist aus dem experimentellen Untergrund der Städte und beweisen ihre aktuelle Relevanz am 12. Dezember. Sie werden sich auf
Riephoffs Fotos zum Teil selbst wiederfinden. Das macht das Vorhaben so anrührend spannend.
Die vielleicht wichtigste und einflussreichste Figur der deutschsprachigen Musikavantgarde, Alfred Hilsberg, kann leider nicht mehr dabei sein. Der Gründer so wirkmächtiger Labels wie ZickZack und What’s so funny about, der große Hamburger Musik-Impresario, verstarb im August 2025. Aber wir können ihn wenigstens noch auf einigen der Bilder sehen. Stark vergrößert und auf Plane gedruckt, hängt auch er, in jung, Elan versprühend, in der Ausstellung von den Emporen. So ist er präsent, wird gewürdigt. Einige der nun auftretenden Bands hatte Hilsberg früh entdeckt und unter seine Fittiche genommen.
Wer ist dabei?
N.U. Unruh von den Einstürzenden Neubauten wird gemeinsam mit dem Publikum den Abend freitrommeln.
Mona Mur & En Esch präsentieren „…einen schwülen Trip durch eine musikalische Landschaft tiefschwarz wie Tricky, wie eine Alptraum-Version von Donna Summer …das Modern Jazz Quartet goes Stoner-Techno.“ (The Wire)
Die Zimmermänner, bestehend u.a. aus dem Autor, Musiker und Kurator Detlef Diederichsen sowie dem Schriftsteller und Produzenten Timo Blunck (Ex Palais Schaumburg), bieten Harmonie-Gesang mit Texten der aggro-ironischen Sorte.
Maxim Rad (eigentlich Max André Rademacher) hat seine Mischung aus New Wave, R&B und elektronischem Pop dabei, die er seit 1980 immer weiter präzisiert hat.
Die Antwort, mit der Hamburg-Legende Bernd Begemann, kommt fast in Originalbesetzung, und nicht zuletzt:
Pontor Vodox. Die Einmann-Heavy-Metal-Free-Jazz Show von Aktionskünstler Tommy Schmidt krönt das Programm mit ihren Sound-Überraschungen.
Vielleicht können wir alle uns eine Scheibe abschneiden von dem Kuchen, den die risikobereiten Künstler:innen und Kinder der Nacht bereit waren, zu backen. Es ging ihnen darum, Konventionen, Hör- und Sehgewohnheiten alter Schule abzuschütteln. Sie empfanden Anpassung als Anmaßung. Manche von ihnen hat es ungerechterweise das Leben gekostet, aber wenigstens die Fotos von ihnen sind geblieben.
Rausch und Boheme.
Wut und Durchdrehen.
Genau hinsehen und dann einfach machen.
Dies ist ein Liebeslied.
Rebecca Spilker
ALLES BLEIBT GUT!
45 Jahre Punk, Avantgarde, NDW Live-Konzert und Fotoausstellung
12.12.2025
19:00 Einlass / Beginn 20:00
„Alles bleibt gut!“, so lautet der Hoffnung spendende Name eines Mini-Festivals und einer Fotoausstellung in der relativ neuen Georg Elser Halle im Grünen Bunker St. Pauli, die sich mit der Blütezeit künstlerischer Gegenkultur, vornehmlich aus Hamburg, beschäftigen.
Der ausstellende Fotograf, Jan Riephoff, ist niemand, der die Vergangenheit verklärt, obwohl viele seiner Arbeiten bereits vor 45 Jahren entstanden sind. Er weiß um die Gefahren, die damit einhergehen. Er lebt im Hier und Jetzt, kennt aber gleichzeitig seine Rolle als Archivar von Punk, Avantgarde und NDW. Während der Pandemie hatte er den Impuls, seine teils jahrzehntealten Privatfotos zu sichten und zu sortieren. Endlich war Zeit dafür. Einige von ihnen stellte er kurzzeitig online.
Aus- und Abgehen in Deutschland ab Anfang der 80er Jahre. Was passiert, wenn man überraschend mit einem prägenden Teil seiner eigenen Vita konfrontiert wird, weiß wohl jeder.
Melancholie, Wärme, Traurigkeit und, ja, auch nostalgische Gefühle fluten sekundenschnell das eigene System. Oft ist das eine regelrechte Körpererfahrung.
Jan Riephoff blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Fotograf zurück, seinen Lebensweg beschreibt er allerdings so:
1956 geboren.
Schule: rausgeflogen.
Ausbildung: rausgeflogen.
Wehrdienst: rausgeflogen.
Bei einem Wettbewerb gewann er eine Sofortbild-Kamera, mit der er in den damaligen musikalisch wie politisch bewegten Zeiten erste Bilder einfing.
Heute gilt er als einer der profiliertesten Porträt- und Magazinfotografen Deutschlands, hatte sie alle vor der Linse: Grace Jones, Christoph Schlingensief, John Malkovich, Blixa Bargeld. Mit Udo Kier und Dieter Meier verbinden ihn gemeinsame Kollaborationen und Freundschaften. Riephoff arbeitete für so gut wie alle wichtigen Publikationen (Tempo, Stern, GEO, Spiegel, SZ-Magazin, GQ). Die goldenen Zeiten der Hochglanzmagazine und gut bezahlten Aufträge hat er erlebt, aber eben auch parallel den Underground, die Nächte in Spelunken, Clubs und unsanierten Wohnungen.
Er war sowohl Teil, als auch Beobachter der damaligen Szene, viele Nächte verbrachte er z.B. fotografierend im Subito, jener Kneipenlegende an der Stresemannstraße, der Autor Rainald Goetz 1983 sogar mal eine Kurzgeschichte widmete.
Zusammen mit Wolf von Waldenfels, dem Betreiber der Georg Elser Halle, und langjährigem Weggefährten sowie legendärem Club und Kneipenbetreiber (u.a. Phonodrome, Powerhouse, Golem und Fun Club) hat Riephoff diese Veranstaltung konzipiert. Musik und Bilder verschränken sich in ihr, denn: Alle Musiker:innen, die beim angeschlossenen Mini-Festival auftreten, haben Anfang der 80er Jahre ihre Karrieren begonnen, kommen zumeist aus dem experimentellen Untergrund der Städte und beweisen ihre aktuelle Relevanz am 12. Dezember. Sie werden sich auf
Riephoffs Fotos zum Teil selbst wiederfinden. Das macht das Vorhaben so anrührend spannend.
Die vielleicht wichtigste und einflussreichste Figur der deutschsprachigen Musikavantgarde, Alfred Hilsberg, kann leider nicht mehr dabei sein. Der Gründer so wirkmächtiger Labels wie ZickZack und What’s so funny about, der große Hamburger Musik-Impresario, verstarb im August 2025. Aber wir können ihn wenigstens noch auf einigen der Bilder sehen. Stark vergrößert und auf Plane gedruckt, hängt auch er, in jung, Elan versprühend, in der Ausstellung von den Emporen. So ist er präsent, wird gewürdigt. Einige der nun auftretenden Bands hatte Hilsberg früh entdeckt und unter seine Fittiche genommen.
Wer ist dabei?
N.U. Unruh von den Einstürzenden Neubauten wird gemeinsam mit dem Publikum den Abend freitrommeln.
Mona Mur & En Esch präsentieren „…einen schwülen Trip durch eine musikalische Landschaft tiefschwarz wie Tricky, wie eine Alptraum-Version von Donna Summer …das Modern Jazz Quartet goes Stoner-Techno.“ (The Wire)
Die Zimmermänner, bestehend u.a. aus dem Autor, Musiker und Kurator Detlef Diederichsen sowie dem Schriftsteller und Produzenten Timo Blunck (Ex Palais Schaumburg), bieten Harmonie-Gesang mit Texten der aggro-ironischen Sorte.
Maxim Rad (eigentlich Max André Rademacher) hat seine Mischung aus New Wave, R&B und elektronischem Pop dabei, die er seit 1980 immer weiter präzisiert hat.
Die Antwort, mit der Hamburg-Legende Bernd Begemann, kommt fast in Originalbesetzung, und nicht zuletzt:
Pontor Vodox. Die Einmann-Heavy-Metal-Free-Jazz Show von Aktionskünstler Tommy Schmidt krönt das Programm mit ihren Sound-Überraschungen.
Vielleicht können wir alle uns eine Scheibe abschneiden von dem Kuchen, den die risikobereiten Künstler:innen und Kinder der Nacht bereit waren, zu backen. Es ging ihnen darum, Konventionen, Hör- und Sehgewohnheiten alter Schule abzuschütteln. Sie empfanden Anpassung als Anmaßung. Manche von ihnen hat es ungerechterweise das Leben gekostet, aber wenigstens die Fotos von ihnen sind geblieben.
Rausch und Boheme.
Wut und Durchdrehen.
Genau hinsehen und dann einfach machen.
Dies ist ein Liebeslied.
Rebecca Spilker